Mittwoch, 28. März 2012

Neben Daniela Katzenberger war ein Sitzplatzfrei aber ich hatte David Bowie nicht mitgenommen


Mediale Identifikationsfigur

Ich mag David Bowie. Jedenfalls die Sachen die ich kenne. Genaueres kann man auf meiner Seite von Rate your Music nachlesen, die auf der rechten Seite verlinkt ist. Genug Eigenwerbung. Warum ich über Herrn Bowie schreibe, werdet ihr fragen? Geht euch eigentlich nichts an, aber in Ordnung. Der Grund warum ich eine Person erwähne, die nicht wirklich in den aktuellen Medien auftaucht, ist eine andere Person, die mit den aktuellen Medien recht gut vertraut ist. Ja, jetzt colabiert ihr schon vor Spannung. Und damit der Blog voll wird, werde ich die ganze Sache noch ein wenig mehr ausführen, sodass eure voyeuristischen Bedürfnisse für die nächste Zeit gesättigt werden.

Wie bereits im Titel vermerkt, hatte ich David Bowie, bzw. sein fabelhaftes Werk "Low" nicht mitgenommen, im Sinne von: Ich hatte es nicht auf dem tragbaren Musikabspielgerät (MP3 Player). Eigentlich hatte ich es gar nicht dabei. Jetzt fragen natürlich die Kritiker: "Wieso denn nicht? Du hast es doch immer dabei. Deshalb hörst du uns auch nicht, wenn wir dir auf der Straße zujubeln!" Ja, jetzt ist es auch wieder gut. Ich schreibe, dass ich es nicht dabei hatte, damit der Eintrag einen recht abstrusen Titel hat und damit ein guter Einstieg in die Sachlage gewährt ist. Ich wartete also ohne Musik auf den Bus. Als ich mir gerade darüber Gedanken machte, wo ich eigentlich hinwollte, kam er schon, sodass ich keine Zeit zum Überlegen hatte und einfach einstieg. Im Bus war natürlich alles gerammelt voll mit Leuten, wie es ein Bus eben so an sich hat, der gerammelt voll mit Leuten ist. Nun befand ich mich also auf einer bowielosen Platzsuche und wünschte mir, wenigstens für diesen Moment, alt und krank zu sein, nur um die Privilegien dieser Leute in Anspruch nehmen zu können. Da ich allerdings weder alt noch krank war, wanderte ich weiter durch das öffentliche Verkehrsmittel.

Schließlich, als ich die Hoffnung schon beinahe aufgegeben und zu weinen begonnen hätte, entdeckten meine Augen einen freien Sitz. In Football- Spieler ähnlicher Manier polterte ich auf den Platz zu und setzte mich zufrieden. Vor Glück hätte ich wieder weinen können. Wie auch immer, ich kam für einen kurzen Moment auf die Idee nach rechts zu schauen und stellte fest, dass es sich bei meiner Sitznachbarin um die prominente Prominente Daniela Katzenberger handelte, die sich gerade so benahm wie sie sich eben immer benimmt. Natürlich blickte ich mich sofort um, um Kameras aus zu machen, da ich annahm hier würde gerade eine Episode ihrer Fernsehsow gedreht werden. Ich erblickte keine. Also nahm ich, mit etwas logischem Denken an, dass Frau Katzenberger wohl privat mit diesem Bus unterwegs war. Mir fiel es überhaupt nicht ein, sie zu fragen, wohin sie wollte, denn schließlich interessierte es mich nicht und auch eine Prominente wird wohl nicht zum Mond wollen, wenn sie mit dem Bus fährt. Ich vermutete allerdings, dass Frau Katzenberger nicht wusste, dass sie gerade nicht gefilmt wurde, da sie sich, wie bereits erwähnt, so benahm wie immer. Ich stupste sie sanft mit dem Ellenbogen an die Schläfe und sagte in diskretem Ton zu ihr: "Entschuldigung Frau Katzenberger, es liegt vielleicht daran, dass sie durch die andauernde Medienbegleitung bereits einen gewissen Verfolgungswahn haben, aber hier können sie ganz sie selbst sein, ich habe die Umgebung bereits nach Kameras untersucht." Keine Reaktion.

Vor ein oder zwei Wochen fragte Markus Lanz in seiner Talkshow übrigens seine Gäste (von denen die einzig mir bekannten Gesichter Frau Katzenberger selbst und Paul Breitner gehörten) was denn nun genau das Phänomen Katzenberger sei. Viel interessanter fände ich es allerdings, wenn jemand mal das Phänomen Lanz lüften würde, aber das nur nebenbei. An die Antworten der beteiligten Phänomene, kann ich mich nicht mehr genau erinnern, was schon einiges über deren inhaltlichen Wert aussagt. Nur Herr Breitner sprach auf einmal vom Verzehr von Hundekacke (Nein, das ist kein Scherz von mir). Darauf wollen wir aber nun nicht eingehen, alles zum Thema gibt es bei diesem wohlbekannten John Waters- Film.

Nun, was sagt uns nun allerdings dieses Phänomen Katzenberger? Zu allererst, dass es anscheinend genug Leute in diesem schönen Land gibt, die offensichtlich nicht viel haben, über dass sie sich Gedanken machen könnten. Anschließend noch, dass die Leute seid der Stummfilmzeit den gleichen Mustern folgen. So, nun sind alle verwirrt, die keine Hochschulreife haben. Egal, darum erkläre ich nun auch meinen Gedanken. Darum, und weil ich offensichtlich nicht viel habe, über dass ich mir Gedanken machen kann.

Was hinter Katzenberger, bzw. ihrer medialen Persönlichkeit steht, ist im Grunde das Selbe, wie bei den alten Slapstick- Künstlern wie Laurel & Hardy, Buster Keaton und den drei Stooges (damals noch ohne Iggy Pop). Man bringt den Leuten Personen über die sie lachen können, welche allerdings gleichzeitig sympathisch wirken. Ob man nun Keaton oder Katzenberger sympathischer findet, hängt wohl vom Zuschauer ab. Zweitere wird also, von sich selbst, wie von den Leuten dahinter, als Figur dargestellt, die im Gegensatz zu den schwarz- weißen Kollegen, allerdings mehr Authenzität vermitteln soll. Wie viel davon wirklich echt ist, weiss man grundsätzlich nicht, außer man hat Kontakt zu besagter Frau. Ebenfalls fragwürdig ist, ob die Identifikation mit der Fernsehfigur echt ist oder nur in der eigenen Fantasie statt findet, da man bei der kleinsten Gemeinsamkeit, die man höchstwahrscheinlich auch mit dem Rest der Menschheit teilt, meint man sähe gerade eine Seelenverwandte im Fernsehen. Also kurz gesagt: Witz- und Identifikationsfigur gleichzeitig zu sein, kann einem schnell eine große Fangemeinde bringen. Schafft man dies selber nicht, gibt es genug Leute, die einem dabei helfen können. Aufpassen sollte man allerdings, wenn einem dann vorgeschlagen wird, durch Formate wie Mitten im Leben oder Das Supertalent zum Ruhm zu kommen. Da wird letztendlich jede Identifikation subtrahiert und man hat nur noch den Ruf als Witzfigur.

Übrigens ist dieses Konzept nicht neu. Genau das gleiche Konzept wie Katzenberger war in den Neunzigern Verona Pooth (damals noch Feldbusch, für die Jüngeren unter euch). Irgendwie doof, irgendwie Camp, aber doch etwas, was man sich ohne Fremdscham, aber dafür mit gelegentlichem Auflachen anschaut. Jedenfalls wenn man nicht wie ich ist. Bei ihrer Erbin wird dieses Bild, noch durch das Sahnehäubchen BLOND ergänzt. Ein anderes Beispiel für eine mediale Figur, die genau so gut erfunden hätte sein können, war Hermes Phettberg, wobei bei ihm eher die Negativfaszination Grund des Erfolgs war. Außerdem hat sich dieser nicht für jeden Quatsch hergegeben und ist um Einiges interessanter und liebenswürdiger. Jedenfalls wenn man die selben Menschen wie ich interessant und liebenswürdig findet. Obendrein kann man hier annehmen dass er 100%ig real war bzw. heute noch ist. Aber das Thema würde jetzt den vorgegebenen Rahmen sprengen.

Nun hatte ich allerdings nicht das Glück neben Hermes Phettberg zu sitzen, sondern neben der, hier eigentlich viel zu oft erwähnten Daniela Katzenberger. Diese hatte mich offenbar nicht verstanden und spielte weiter die, von ihr erwartete Rolle. Also puffte ich sie nochmals leicht, diesmal gegen den linken Augapfel und redete ihr nochmals zu: "Frau Katzenberger, ich sagte doch bereits, dass sie hier aufhören können ihre Rolle zu spielen. Sein sie ganz natürlich, sie glauben gar nicht, wie viele Leute sie dann sympathischer finden würden. Sehen sie, dumm scheinen Sie ja nicht zu sein. Sie haben schließlich ein Buch geschrieben, dass bei uns im Norma zum Verkauf stand. Der Titel ist vielleicht ein bischen von der APPD übernommen, aber das macht ja nichts, steht auch gar nicht zur Debatte. Haben Sie keine Scheu, vor mir können Sie sein, wie sie wirklich sind."

Was ich allerdings darauf bekam, war ein Lächeln der Sorte "Diese Gesichtsverrenkung ist künstlich, aber sie soll echt wirken vor den Fotografen", neben dem Kindergärtnerinnen- Lächeln und dem Kifferlächeln wohl das Schlimmste seiner Art. Dies war der Tropfen der das Faß zum Überlaufen brachte. Noch dazu machte sie nach diesem Lächeln einfach weiter, Sie selbst zu sein. Ich fuhr von meinem Sitz hoch und erhob meine Stimme:

"Zum Kuckuck noch einmal! Sagen Sie jetzt bloß, dass sie wirklich so sind! Das hält man ja im Kopf nicht aus! Oder wollen Sie jedem Menschen in diesem bedauernswerten Land ihre Rolle auf die Nase binden, weil sie ja ach-so-authentisch sein wollen?! Lassen Sie sich mal eines sagen Frau K.: Manchmal ist es besser nicht authentisch zu sein, vorallem wenn man durch seine reale Persönlichkeit, anständigen und gebildeten Bürgern Fremdscham bereitet, die höher nicht sein könnte! Ist Ihnen eigentlich klar, dass sie wie eine Cartoon- Figur wirken? Wie Daisy Duck mit Hosen? Sie Marionette Sie! Sie Persoooooooooooooooooon!"

Meinen kleinen, cholerischen Ausbruch hatte sie allerdings nicht bemerkt, da Sie zu beschäftigt damit war, wie könnte es auch anders sein, sie selbst zu sein. Wer mich allerdings bemerkt hatte, war eine Gruppe müder Bauarbeiter, die nun gar nicht mehr so müde waren und mich leicht erbost bei der nächsten Station hinauswarfen. Eigentlich gar nicht mal so schlimm, nur hatten sich die fleißigen Herren geirrt und mich an der falschen Station aus dem Bus befördert. Also hatte ich eine halbe Stunde Fußweg vor mir, die ich ohne Musik verbringen musste. Ohne David Bowie. Den hatte ich ja nicht mitgenommen.

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