Mittwoch, 20. Juni 2012

Die Kunst des pazifistischen Kämpfens

 Kein Bild am Anfang! Ein Grund Krieg zu führen!

Endlich ist das Volk mal wieder kollektiv aktiv! Die EM ist in den Köpfen der Deutschen eingekehrt. War man vorher noch skeptisch aufgrund von verbrannten Hunden und hungernden Frauen (oder anders rum?), hat man nun alle diese Bedenken beiseite geschoben um sich wieder einmal an elf Haxen und einem Ball zu erfreuen. Im Endeffekt sollte es viel mehr EMs, WMs und H&Ms geben, damit unser völkisches Gefühl nicht in die andauernde Berg- und Talfahrt gerät, die sich vor und nach diesen Ereignissen zuträgt. Mal öfter ein Ereignis bei dem alle für´s Selbe sind und jeder das Selbe sagt, ein Ereignis bei dem jeder das Gefühl hat durch seinen Kampf die Welt zu verändern. Der Begriff "Kämpfen" muss nicht unbedingt wörtlich gemeint sein. Es reicht eigentlich, wenn man mit dabei ist und irgendwas macht, das mit der Sache zu tun hat z.B. Public Viewing. Jedenfalls ist das Alles wunderbar und sollte nicht hinterfragt werden.

Was auch so ein wunderbares "Wir halten zusammen"- Ereignis ist, ist Krieg. Ein gescheiter Krieg würde uns auch zusammenschweißen. Der Unterschied zwischen Krieg und der EM ist, dass man sich ein Peace Zeichen ins Gesicht malt und keine Deutschlandflagge. Wer auf Nummer sicher gehen will kann sich beide Motive beschriftet bei der Google Bildersuche ausdrucken. Nun, bevor Missverständnisse aufkommen: Ein Krieg, am dem wir übrigens nicht mal beteiligt sein müssen, schweißt uns nicht im Stile des ersten Weltkriegs zusammen, d.h. dass das Volk sich übermäßig auf das Geschlachte freut, sondern im pazifistischen Sinne. Alle finden den Krieg, egal gegen wen oder was und die damit verbundene Nation (USAUSAUSAUSA) voll doofidoof und zeigen dies auch öffentlich. Meistens am Wochenende auf einer Demonstration in der Nähe mit Kerzen und Transparenten.

Transparente sind bei einer Demo sowieso das Wichtigste. Der Uneingeweihte erkennt dadurch, dass diese Menschenansammlung einen Grund hat herumzustehen und Lieder zu singen, die die Interpreten selbst nicht mehr hören können. Das Basteln der Transparente ist etwas für die ganze Familie und kann so schonmal dazu führen, dass man in den eigenen vier Wänden und auf der Straße mit den Leuten einer Meinung ist. Wie kann der Krieg da etwas Schlechtes sein? Nein, Quatsch. Der Krieg gegen den Krieg. Gerade nochmal gut gegangen. Im Schnitt verdienen am Krieg die Besitzer von Bastelbedarfsgeschäften am meisten. Haben sie sonst nur Grundschullehrerinnen als Kunden, kommt nun auf einmal jeder Mensch der Frieden mag, um Farbe für die Schilder und Fahnen oder Utensilien für gelynchte Kriegstreiberpuppen zu kaufen. Von vornherein kauft der Kunde erstmal die falsche Farbe. Dieser Vorgang wiederholt sich ca. fünf mal. Entweder die Farbe bröckelt, ist zu schwach, nicht wasserdicht oder durchsichtig. Bis man dann endlich die richtige Tube vom dreckig grinsenden Bastelladenbesitzer gekauft hat, hat man eigentlich schon gar keine Lust mehr auf Frieden. Aber da man die Kinder nicht enttäuschen will, malt man Parolen und Phrasen auf die alten Bettlacken und rumpelt damit am Samstag auf die Straße.

Meine Lieblingstransparente sind übrigens die auf denen "Warum?" steht. Wahlweise auch "Why?". "Weshalb" oder "Wieso?" scheinen nicht allzu beliebt zu sein. Warum? Keine Ahnung. Ist ja auch egal. Was nicht egal ist, ist die Tatsache, dass auf Demonstrationen tausende Leute stehen, die nicht wissen warum der Krieg stattfindet, gegen den sie demonstrieren. Kann auch sein, dass sie nicht wissen warum sie demonstrieren. Das ist aber eher unwahrscheinlich. Aber mal ehrlich: Jemand der auf eine Demo geht, informiert sich grundsätzlich zuvor darüber, was die Hintergründe seines Protestes sind. Ein Krieg. Eh klar. In der Regel erklären die Auslöser des Krieges ihre Absichten in den Medien. Ob diese dumm oder gerechtfertig, eindeutig oder zwielichtig sind, ist erstmal egal. Man hat ein "warum". Wenn man es nicht glaubt, kann man sich ja bei alternativen Medien oder Verschwörungstheoretikern informieren.

Ich weiss, ich weiss. Ich übertreibe bewusst. Ich weiss, dass ungefähr die Hälfte einer Friedensdemo Ahnung von ihrer Sache hat. Trotzdem werfe ich das Wort "Warum" mit dem Satzzeichen "?" dahinter in die Phrasenkiste. Jedenfalls in diesem Zusammenhang. Auch wenn man mit den Gründen nicht konform geht, sollte es eigentlich klar sein warum Krieg ist. Jedenfalls bei den Leuten, die sich lauthals damit beschäftigen.

Weiterhin liebe ich es wenn Kinder Transparente und Plakate umher tragen auf denen steht, dass sie Angst haben und Krieg dodal doof finden. Die selben Kinder, die sich sonst mit Plastikpistolen abschießen. Nun ja, den Pazifismus müssen Kinder erst lernen. Genau wie sie lernen müssen, was Krieg ist und welchen Sinn es hat gegen ihn zu demonstrieren. Am besten man macht das schon im Kindergarten. Ich stelle mir das ungefähr so vor:

Stuhlkreis wird aufgebaut. Anstatt eines Ballspiels wird den Kinder von der nun pseudoernsten Kindergärtnerin der Krieg erklärt. Das ist lustig, denn man kann das zweideutig sehen. Wie auch immer. 

"So Kinder, wisst ihr was Krieg ist?" Sabine meldet sich, wird aber nicht beachtet. "Krieg ist, Kinder, wenn Männer mit Gewehren sich tot schießen und dann tot sind" Mindestens fünf Jungen: "Cooooooool"

Man kann Kindern, die Action Man und Revolver als Vorbild haben keinen Pazifismus nahe bringen. Soll man das? Egal, die Grinsegärtnerin schüttelt den Kopf und erklärt weiter. Die eine Hälfte hört nicht zu und die Andere ist fasziniert. Bildungsauftrag hat geklappt, ab zur Demo auf der sich die Kinder wirklich "Warum?" fragen. 

Die einzige, allerdings fragwürdige Methode wie man einem fünfjährigen Jungen die Schrecken der modernen Kriegsführung erklären kann wäre folgende:

Grinsegärtnerin: "Timo, weisst du was passieren würde, wenn Deutschland im Krieg wäre?" 
Timo: "Äh Äh"
Grinsegärtnerin: "Dann müsstest du sterben, Timo! Deine Mama, dein Papa, deine Nachbarn, dein Hamster, dein Opa, deine Oma auch. Alle müssten sterben. Man würde euch alle erschießen. Einfach so. In den Kopf. Da kommt dann ganz viel Blut und so. Igittigitt! Auch deine Freunde hier im Kindergarten müssten sterben"
Timo: "Ich hab´ hier gar keine Freunde."
 Grinsegärtnerin: "Trotzdem. Auch ich würde wahrscheinlich sterben."
Timo: >keine Reaktion<
Grinsegärtnerin (verärgert, aber trotzdem noch die Haltung bewarend): "Schlimm gell? Und jetzt mal weiter Blumen und Vögel auf das Leintuch, damit die Soldaten wissen, was wir vom Krieg halten."

Jedenfalls glaube ich, dass man Kinder so sensibilisieren kann. Kann sein. Is auch egal. Is eh kein Krieg. Is ja EM. Da würde es sich eigentlich mehr lohnen mit "Warum?"- Schildern durch die Gegend zu laufen. Aber um ehrlich zu sein: Wäre nicht EM könnten die Leute weißgottwas schlimmes anstellen. Also sein wir dankbar dafür, dass in Polien und Ukriland gekickt wird was das Zeug hält. Olé....