Donnerstag, 27. September 2012

Der Versuch eines Wiesn- Eintrags

Wiesn im eigentlichen Sinne


Ja, zur Zeit nennt der Ausnahmezustand wieder München sein Zuhause. Das Oktoberfest treibt die Menschenmassen auf die Theresienwiese und das Mittagessen auf die Straße. Nun fühle ich mich als Bayer und Geschädigter dazu verpflichtet einen Eintrag hierzu zu schreiben, einerseits da es sich einfach wunderbar anbietet und ich nicht auf ewige Themensuche gehen muss und andererseits weil halt.

Nun will ich allerdings nicht meinen Faschingseintrag wiederholen. Auch wenn einige kritische Komponenten bezüglich nationaler Gesinnung, Konsum und Tradition hinzu kämen. Aus diesem Grund habe ich mir etwas ganz Besonders einfallen lassen und Alois Brenner eingeladen, seines Zeichens echter Münchner und Oktoberfestexperte. So kommt also nun ein tolles Interview mit Witz und Charme und außerdem regt es zum Nachdenken an. Jeder der einmal in der Schule war, verdankt dem Satzteil "...regt zum Nachdenken an" bestimmt den einen oder anderen Minimalerfolg in einer Deutscharbeit. Je nach dem Anspruch des Lehrers war es wichtig oder unwichtig über was genau der Leser nachdenken sollte, aber eine anschließende Auseinandersetzung in gehobener Lautstärke konnte manchmal...oh, Alois nickt ein. Ich sollte mal mit dem Interview anfangen. Alois hat zuvor extra vier Helle und einen Jägermeister getrunken um richtig authentisches Zeug zu erzählen. Wir dürfen gespannt sein. Also ohne Umschweife:

Hallo Alois! Ich hoffe es geht dir gut. Sag mal, du bist ja ein Wiesnjunkie, kann man sagen *kicher*. Wann warst du zum ersten mal auf dem altehrwürdigen Münchner Oktoberfest?

*Schreckt auf* Hui! Wos? Aso...Joa, i bin da Alois!

Ja, das ist bereits bekannt, aber zur Frage: Wann war dein erster Wie..

Des wor a so: I bin jetz vierafuchzig Joahr oid. Mit siebzehne woar i zum eastn moi auf da Wiesn. Oiso konnst gonz einfach ausrechnen, wia oft i scho die Wiesn hinter mi broch hob...dreißg joahr scho.

Schon gut möglich, wenn man bedenkt dass die Tage wieder kürzer werden. Egal, nächste Frage an dich: Wie oft besuchst du denn das Oktoberfest in einer Saison?

Jedn Dog!

Ach wirklich? Du besuchst das Oktoberfest jeden Tag? Das nenne ich mal...

Jo, jedn Dog! In der Friah steh i auf, do hob i dann an Schädel aufe. Des is zwoar immer a rechts Gschiss, aber des renkt si scho ei. Mitdog geh i donn scho hi. Vorhea krotz i no a bisl an Dreck vo meina Lederhosn, des muass scho sei. Bin ja koa Gradler! Dann friss i a hendl oda a Fischsemme, des kummt auf die Laune drauf o und donn ins Zelt.

Welch Tagesplanung! In welches Zelt gehst du denn am liebsten?

Bierzelt *RÜLPS*

Ich merke, heute warst du in Fischsemmelstimmung

Negau...

Und wie sieht dann der weitere Verlauf deines Wiesntages aus? Wann gehst du wieder nach Hause?

Oiso, auf der Wiesn schau i net auf´d Uhr. Do schau i auf´n Disch, wia vui do no is und donn wiad des kalkuliert. Oba um a genaue Zeitangabe zu machen: Sechs Kriag.

Sa-gen-haft. Aber sag mal Alois, bringt so viel Alkoholkonsum den keine Probleme mit sich?

Wos? Na, Probleme hob i net mtim Bier. Und des Bier no weniger mit mia. Oba oamoi is scho wos bassiert. Do hot mi so a schiacha Lump die gonze Zeit ogschrian! Des host im Kopf net ausghoiten. Und wo i eahm gsogt hob, er soi sei Bapm hoitn, hoda weida Radau gmocht. Dann hob i eahm oane betoniert. Woast wos bassiert is? Da Kopf is obgfoin! Dann hob i überlegt: Wo vagrobst Leich? Oba dann is oana kämma, der hot mi gfrogt wos des soi und so. Dann hob i mi umgschaut und gmerkt, i bin in der Geisterbahn. Host mi? I hob da so am Geist...

Ja, das kann ja schon mal passieren, die Geisterbahn und das Bierzelt sind sich ja auch gar nicht mal so unähnlich. Aber du sprichst da gerade ein gutes Thema an. Gewalt auf der Wiesn. Wie steht es damit?

Sehr gern.

Also wie? Du befürwortest Gewalt auf dem Oktoberfest?

Net nua befüawoaten! Vor allem praktiziern! I moan, wenn da so a Ossi oda sogar a Neger is, der dei Kultur in Dreck ziagt...

In wie fern wird den die Kultur in den Dreck gezogen?

Die drong unsare Trochtn, safa unsa Bier und genga auf unser Wiesn! Die soin bleim wo´s san! Die Baraber!

Aber als Bayer mit vollgekotzter Lederhose rum laufen zieht die Kultur nicht in den Dreck oder wie?

Wer mochtn sowos?

Du! Ich seh´s doch! Eingetrocknet, verkrustet und ekelerregend.

Schmarrn!

Kein Schmarrn! Das ist eindeutig Erbrochenes auf deiner Hose, die übrigens, wenn ich mal sagen darf, recht billig verarbeitet scheint. Im Schritt ist sie ja schon komplett gerissen und...

Mia reicht´s jetz du Depp! Jetz kriagst a oane mit!

*RUMS*

Keine Angst, mir ist nichts passiert. Alois ist vom Stuhl gefallen und eingeschlafen. Die Putzfrau wird sich drum kümmern.

So viel zum Thema. Nun ja, wenn Sie mehr über das Oktoberfest erfahren wollen, können sie entweder ihr Urlaubsgeld für eine Tracht, die Sie nur einmal im Jahr tragen und Krüge voller Schaum ausgeben und nebenbei zwanghaft bayerisch reden oder Sie halten Ausschau nach der Nummer "Attacke auf Geistesmensch" von Gerhard Polt oder dem leider sehr schwer ausfindig zu machenden Film "Bierkampf" von Herbert Achternbusch. Auch ein Film ist "Bierfest". Der schneidet das Thema auch an. Ist allerdings auch leider der schlechteste Film aller Zeiten. 

Ist ja jetzt auch egal. Jedenfalls werde ich die Wiesn, wie in jedem Jahr, nicht besuchen und sollten Sie mich dort sehen, so stimmt das einfach nicht. Guten Abend!

Sonntag, 23. September 2012

Mut zur Äußerlichkeit

Schön...sehr, sehr schön
Wissen wir eigentlich welchen Dienst uns Jaques Belmónúét erwiesen hat? Natürlich nicht. Das heißt, ich weiß es. Ihr natürlich nicht. Und warum? Weil keiner sich für Geschichte und historische Personen interessiert. Lieber rumpelt man durch 's Internet und lässt die Bildung zufällig an sich heran. Wenn überhaupt. Wäre hier jemand in irgendeiner Weise an der Erweiterung seines Wissensspeichers interessiert dann wüsste er, dass Jaques Belmónúét ein Adeliger war, der von 1757 bis 1789 gelebt hat. Das wohl Wichtigste an dieser vergessenen Persönlichkeit war sein außergewöhnlich gutes Aussehen. Den Schriften nach, war er der schönste Mann der bekannten Welt. Ob dies wirklich so war, lässt sich nicht zu hundert Prozent sagen, da Daten über andere Personen des 18. Jahrhunderts nicht leicht zu bekommen sind. Nun ja, er war jedenfalls hauptberuflich schön, bis ihm 1787 ein Klavier auf´s Gesicht fiel und er unglaublich entstellt war. Er schloß sich sofort bei sich zu Hause ein, wurde depressiv, ging nicht unter Leute und gab sich langsam aber sicher dem Wahnsinn hin, der darin mündete, dass er sich sein Gesicht abschnitt, was auch letztendlich der Grund seines Ablebens war. Eigentlich wollte er noch Leonardo da Vinci damit beauftragen ihm ein neues Gesicht zu malen, was sich aber eher als schwierig erwies, da dieser tot war. Er hätte höchstens Caspar David Friedrich fragen können, wobei es fraglich ist, ob man ein Gesicht von jemandem gemalt bekommen will, bei dem die Leute in erster Linie von hinten zu sehen sind. Meiner Meinung nach rüttelt Friedrich ja gerne an der Tür zur Postkartenästhetik.

Warum erzähle ich das jetzt nochmal... ach ja genau: Von Jaques Belmónúét kommt ja die berühmte Redewendung "Nur die inneren Werte zählen". Nicht, dass sich der Herr Jaques nichts auf seine Schönheit eingebildet hätte, er wollte nur nicht als arroganter Schnösel gelten, da ihm sonst niemand mehr Geld für sein Hobby, das Käsesammeln, geliehen hätte. Jedenfalls hat dieser Satz bis heute überlebt und ist aus dem deutschen Sprachgebrauch nicht mehr weg zu denken. Wahlweise kann man anstatt ihm auch "Schönheit ist nicht alles" verwenden. Im Endeffekt ist das so auch richtig und wichtig und sollte im Umgang mit dem sozialen Umfeld beachtet werden. 

Haarig wird es, wenn es um´s Liebesleben bzw. das andere Geschlecht geht. Dann kommt natürlich jeder damit daher. Selbstverständlich ist eine Beziehung mit einer intelligenten, toleranten, weltoffenen, humorvollen, musischen und kultivierten Frau schöner als mit einem sabbelnden Klumpen, aber ich stelle mal eine gewagte These in den Raum: Jede/r will eine/n schöne/n Freund/in

Ich denke mal das kommt der Realität schon recht nahe. Ich meine dies nicht bezogen auf ein gängiges Schönheitsideal, sondern auf die eigenen Vorstellungen. Mit einer schlanken Blondine, die alle Zähne im Maul hat, wäre schließlich auch nicht jeder glücklich. Wenn Sie also irgendjemanden fragen "Hey irgendjemand, willst du einen schönen Partner?" und er antwortet darauf mit "Das ist mir schnurzpiepegal, mir kommt es nicht auf Äußerlichkeiten an", dann ist er ein (Selbstbe-) Lügner und Sie dürfen ihn verbrennen.

Es ist einfach so, dass Äußerlichkeiten wichtig sind. Da führt nichts drum rum. Da kann jetzt die "Nein!Halt!"- Fraktion kommen, die können alle das Maul halten. Man gesteht es sich natürlich ungern ein, dass man wie alle anderen auf das Äußere anderer Gestalten fixiert ist und einen Menschen, den man schön findet lieber anschaut, als einen Menschen, den man hässlich findet (Negativfaszination mal außen vor gelassen). Man will ja nicht so oberflächlich sein wie der Rest. Natürlich ist man es schon längst, man will es sich nur nicht eingestehen. Außerdem glaube ich, dass der Partner etwas blöd aus der Wäsche schaut, wenn man ihm an den Kopf schmeißt, dass es einem völlig wurscht sei, wie er aussehe. 

Am allerbesten sind ja die Leute, die eigentlich nur rumbumsen und mit sowas kommen. Schließlich kommt es beim wochenendlichen Sex mit wechselnden Partnern auf nichts anderes an, als auf´s Aussehen...und das Geschlecht. Also tut bitte nicht so obermoralisch, gebt es zu dass ihr stupide, triebgesteuert, erbärmlich, lebensunwürdig etc. seid. Ich glaube ich bin frustriert.

Bei einem selbst ist einem das Aussehen schließlich auch nicht egal. Man will ja nicht irgendwie rum laufen, was nicht heißt, dass man sofort zur wandelnden Markenmodeabteilung werden soll. Doch ich denke mal auch, dass Leute die sagen "Scheiß auf die Kleidung! Hauptsache ich hab was an" mit Gewalt versuchen alternativ und individuell zu sein. Wenn diese Leute dann in Jutesäcken herum laufen würden, wären sie zumindest konsequent. Aber nein: Diese Menschen rennen in Kleidung durch die Gegend, die sie irgendwann einmal gekauft haben und ich wage mal zu behaupten, dass sie sich beim Kauf kurz auch mal überlegt haben, ob ihnen das vor ihnen liegende Kleidungsstück gefällt oder zu ihnen passt. Ja, es gibt schon unglaubliche Leute.

Übrigens würde ich tausend mal lieber im Hipster Look d.h. mit Kastenbrille und enger Hose herumlaufen als in einer bayerischen Tracht oder einer dieser Post- Hippie Ballonhosen. 

Was wäre jetzt noch zu sagen? Ach ja, wenn Sie glauben, dass ein Kunstwerk nur gut ist, wenn es schön gemalt ist, dann spinnen Sie ein wenig.

Man kann Bob Ross gut finden oder etwas von Kunst verstehen

 Und übrigens entspreche ich auch nicht gerade dem vorherrschenden Schönheitsideal des Mannes, wenn Sie das gedacht haben. Meine Hüften sind zu breit, meine Schultern sind zu schmal und zahntechnisch herrscht bei mir Chaos. Trotzdem finde ich mich nicht wirklich hässlich. Leute die in einer Tour behaupten, sie seien hässlich sind genauso unerträglich wie Leute die in einer Tour betonen wie schön sie sind. In diesem Punkt sollten Äußerlichkeiten, dann doch wieder nicht allzu ernst genommen werden. Was will ich jetzt eigentlich? Die Überbewertung ist falsch, genauso wie der vorherrschende scheinheilige Umgang. Mir tut der Kopf weh. Gutes Ende. Wirklich gutes Ende. Hab ich toll hinbekommen. 

PS: In nächster Zeit gibt´s wieder öfter Einträge. Versprochen.