Freitag, 4. November 2011

Ich und die Fischaugen der verwelkten Lust

Eigentlich wollte ich ursprünglich einen Artikel über Pornografie und ihre Auswirkung auf das menschliche Verdauungssystem schreiben. Dieses Vorhaben wurde jäh vereitelt durch ein Erlebnis, welches mir gestern die Weltstadt mit Herz bescherte. Eine unfassbar tragische und gleichzeitig brutale aber dann auch wieder lustige Geschichte. Also an´s Werk.

Am gestrigen Tage wurde ich in aller Herrgottsfrühe in die Bundesagentur für Arbeit alias Arbeitsamt alias Scheißverein gerufen. Das zwanzigminütige Gespräch, das sich der einstündigen Fahrt anschloß, hatte schließlich die Pointe, dass alles in Zukunft so gemacht wird wie bisher. Diese Sysiphusreise machte mich verständlicherweise hungrig. Entschlossen suchte ich nach einer Nahrungsaufnahmeanstalt, was um halb elf in München relativ schwierig ist, da die verschiedenen Restaurants, trotz des Metropolencharakters der Stadt um diese Zeit noch nicht geöffnet haben oder kurzerhand keine Speisen anbieten. Also viel meine Wahl auf das Hauptquartier der Dekadenz und des Selbstmissbrauchs: Einer Burger King- Filiale.

Meine Wahl fiel auf ein sogenanntes "King des Monats"- Menü. Nicht weil ich mir sicher war einen Geschmacksorgasmus zu erleben, sondern weil das Preis- Leistungsverhältnis recht fair ist. Nachdem ich den ersten Tisch, aufgrund des Fäkaliengeruchs abgelehnt hatte, suchte ich mir eine andere Sitzmöglichkeit. Meine Wahl fiel auf einen Tisch in der Nähe des Gangs, gegenüber von Servietten, Salztütchen, Strohhalmen etc. und begann mir den ganzen Quatsch auf meinem Tablett ins Maul zu stopfen. Da die Musikvideos in den, in der Wand instalierten Fernsehern, mich nicht zu unterhalten vermochten, studierte ich die Krümungsradien meiner Pommes.

Als ich allerdings meinen Kopf kurz von den Kartoffelstäbchen erhob, entdeckte ich, dass ein, wahrscheinlich auch durch den audiovisuellen Dünnschiss der Fernseher gelangweilter Rentner, mir schräg gegenüber saß und mich offensichtlich ins Visier genommen hatte. An seinen lüsternen Glubschaugen, die vor Verlangen beinahe die Gläser aus seinem Brillengestell drückten, konnte ich erkennen, dass er nicht an den Krümmungsradien meiner Fritten interessiert war. Sein Interesse an meiner Wenigkeit war offensichtlich sexueller Natur. Obwohl es eigentlich in den Biologiebüchern heißt, dass Opis und Omis lieber stricken als f***** (Entschuldigung, es sollte "ficken" heißen). Ich versuchte den Greis nicht weiter zu beachten, aber seine Blicke durchbohrten meine jugendliche Seele wie brennende Pfeile...zumindest war es mir leicht unangenehm. Mir schoßen Assoziationen mit Mayonnaise und einem runzeligen, vergammelten Pommes Frites durch den Kopf. Jeden Moment hätte Opa Knorke von seinem Sitz aufspringen können um mir ein Stück meiner Jugend zu entreißen um es sich einzuverleiben, in seinen dekadenalten, verbrauchten Körper. Nebenbei bemerkt, hatte der Kerl weder Essen noch noch ein Getränk auf seinem Tisch stehen. Nur der Tischewischer konnte ihn kurz davon abhalten mich weiter mit seinem grauen Star zu penetrieren.

Natürlich habe ich nichts gegen alte Menschen und schon gar nicht gegen Homosexuelle. Doch als ich mir in diesem Moment vorkam wie ein Tier, eingekerkert im Zoo wurde mir bewusst, dass ich nicht nur Opfer meiner eigenen, sondern auch einer fremden, sexuellen Frustration war. Kann auch sein, dass es die Soße in meinem Burger war, die mir Magenschmerzen bereitete, aber das war doch etwas weit hergeholt. Wie auch immer, ich verdrückte schnell die restlichen Fettaufsauger, auch genannt Nahrungsmittel, und ging entschlossen in Richtung Tür. Ich achtete darauf den Päderasten keines Blicks zu würdigen, in der Angst er könnte es als Heiratsantrag verstehen. Ich bemerkte allerdings zu meinem Missvergüngen, dass er, sobald ich an ihm vorrübergeschritten war, noch einen letzten, feuchten Blick auf mich erhaschen wollte. Er drehte mir seinen verkalkten Kopf hinterher, gerade dass es nicht auffiel. Allerdings verlor der alte Nimmersatt das Gleichgewicht und fiel von seiner Sitzbank auf die Bodenfließen wo er sich dann wildsabbernd in seiner Geilheit wälzte, bevor er von der Putzkraft entfernt wurde. Nun ja, da ich aus dem Etablissment bereits verschwunden war, kann ich Letzteres nicht bestätigen, aber ich nehme mal an, dass es so war.

Um mich von dieser Beinahevergewaltigung zu erholen ging ich in den, am Marienplatz gelegenen Hugendubel um dort Buchrücken zu befingern. Ich sympathisierte kurz mit dem Gedanken mir ein Buch von Max Goldt zuzulegen, dachte dann allerings dass es besser wäre erstmal Houellebecq und Pessoa fertig zu lesen. Wie es dem Alten weiter erging weiß ich nicht, vllt. ist er tot. In diesem Fall bin ich allerdings froh, ihm noch ein paar letzte schöne Momente bereitet zu haben.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen