Dienstag, 27. Dezember 2011

Traditioneller Kriegszustand

Nachdem das erste, große Fest des Dezembers von mir bereits geschändet und lebendig begraben wurde, will ich mich mit dem folgenden Text dem zweiten, großen Event des kalten Monats widmen. Anfangs schien mir dafür der Stephanstag am 26. Dezember richtig zu sein, allerdings gibt es darüber nichts, was nicht schon mal gesagt worden ist. Deshalb dachte ich mir, dass ein Eintrag über den letzten Tag des Jahres, Silvester natürlich, angebrachter wäre.

Dass wir Silvester überhaupt feiern verdanken wir der Erfindung der Zeitrechnung, da es bei unserer Art der Zeitrechnerei üblich ist, nach 365 Tagen einen Strich zu machen, der ein vergangenes Jahr darstellen soll. Man kennt dies von Gefängniswänden. Damit niemand den Tag vergisst, beschließt man jährlich ein großes Fest zu feiern und den Tag nach einer Cartoon- Katze zu benennen, dessen Optimismus man sich als Vorbild für das nächste Jahr nimmt. So weit, so unverständlich. In der Zwischenzeit hat sich dieser Tag, der eigentlich auf nackter Bürokratie beruht, zu einer Regressionsveranstaltung gewandelt, die ansonsten nur mit dem Oktoberfest vergleichbar ist. Was im Mittelpunkt steht sind Trunkenheit, Gewaltbereitschaft in Gestalt der modernen Kriegsführung und ein Knabbermix bei dem einem eigentlich nur die Salzstangen schmecken. Klingt verwirrend? Nachvollziehbar! Deshalb sollte man mal einen typischen Silvesterabend rekonstruieren, wie er Jahr für Jahr in normalen Haushalten stattfindet. Dabei gibt es zwei verschiedene Typen auf die ich eingehen will:

Typ 1: Meistens Kleinfamilien oder ältere Ehepaare. Der Abend beginnt zwischen 18 und 19 Uhr mit "Dinner for One" auf einem dritten Programm. Danach wartet man mit Tonnen von Salzstangen, Chips und Erdnussflips bis Null Uhr vor dem Sofa, während man sich die Zeit mit einem Silvesterevent im Fernsehen oder einem unterhaltsamen Film vertreibt. Um 0.00 Uhr rumpeln alle ans Fenster um sich, untermalt vom Feuerwerk der Nachbarn ein frohes, neues Jahr zu wünschen. Nebenbei schlürft man Sekt. Übrigens der einzige Tag im Jahr an dem die Kinder Alkohol trinken dürfen. Die Eltern gehen mal schwer davon aus, dass dies für die nächsten 15 Jahre so bleiben wird. Danach geht die Sippschaft ins Bett. In manchen Fällen verpulvert man sein Geld sogar selbst am Himmel! In der Regel hat man dafür auf den Urlaub verzichtet und ist während dem Schießen zu beschäftigt in den Himmel zu schauen.

Hört sich nicht spannend an? Tja, keine Sorge. Es gibt ja noch

Typ 2: Meistens verkörpert durch Pubertierende oder "Jung gebliebene" (auch "Post-Pubertäre" genannt). Ende des Sommers macht dieser Typus in der Gruppe aus, was man an Silvester denn macht. Da man entweder altersbedingt auf keine öffentlichen Veranstaltungen gehen kann oder man es privat gemütlicher findet (Def. Gemütlichkeit: Zustand zwischen bereits bekannten Leuten zu sitzen), macht man eine Haus- bzw. Wohnungsparty. Das hat den Vorteil, dass man sich mit keiner Rechnung herumärgern muss, seine eigene Musik spielen kann ("Machste ma´ bitte was bei YouTube an?") und die weiblichen Gäste nicht durch potentiell interessantere Männer abgelenkt werden können.

Nun schaut man also, wer sturmfrei, eine eigene Wohnung oder taube Nachbarn hat. Die Person die sich freiwillig meldet, hat meistens nicht viel zu sagen und meint in den eigenen vier Wänden nun Authorität spielen zu können. Ein folgenschwerer Irrtum. Ungefähr gegen 20.00 Uhr will man bei der betreffenden Bude sein. Ungefähr gegen 20.45 ist man da, das man entweder nicht wusste wie die Öffentlichen fahren oder vergaß, dass alle Geschäfte (auch der Norma) früher geschlossen haben und zähneknirschend einen Wodka für 25 Euro bei der Tanke kaufen musste. Der Gastgeber sitzt in dieser Zeit stumm auf der Couch und macht gar nichts, da er auf das Klingeln gefasst sein will. Als dann endlich alle da sind stößt man gemeinsam an und schreit dabei. In der Regel hat jeder, außer der Gastgeber, schon sein drittes Getränk (siehe Vorglühen). Nun wird wahlweise bei Winamp oder Youtube eine Playlist abgespielt, die alle zwei Minuten von einem Musikwunsch unterbrochen wird, der sich genauso anhört wie der Rest der Liste, aber für den Betreffenden eine ganz besondere Bedeutung hat. Zwischen dem Stamperln und Husten schlägt mindestens eine Person Flaschendrehen vor und geizt dabei nicht mit schlechten Anmachsprüchen, während er verschmitzt seine Augenbraue hochzieht. Spätestens jetzt fragt man sich warum man diesen Trottel überhaupt eingeladen hat.

Während zwei Mädchen im Wohnzimmer "crazy dancen", unterhalten sich mindestens zwei Jungens darüber wenn sie von den anwesenden Damen am liebsten ins Bett kriegen würden und welche von ihnen nach einem Amboß im Gesicht nur besser aussehen könnte. Der Rest stolpert zwischen dem Schlafzimmer der Eltern, der Küche und der Toilette herum, lacht gekünstelt und macht Fotos, die einen gelungenen Abend suggerieren. Übrigens war es ja auch erlaubt Freunde mit zu bringen. Das ließ man sich natürlich nicht zweimal sagen. Nun hängen also neben den üblichen Subjekten auch noch irgendwelche Leute in der Wohnung herum, die keiner kennt. Diese sagen entweder gar nichts und machen einen durch ihre Schweigsamkeit nervös oder lassen mit ihrem Benehmen sogar den verzweifelten Flaschendreher symphatisch erscheinen. Spätestens um 22 Uhr schläft die erste Person. Wenn es ein Mädchen ist, setzt sich Flaschendreher Heinz neben sie mit dem Vorwand auf die acht zu geben. Eigentlich hofft er nur, dass sie mit dem Kopf auf seine Schulter sinkt. Alle sind von ihm angewidert. Ist ein Mann der betrunkene Schläfer, so interessiert es Keinen. Er wird dann höchstens mit Penisen und Hakenkreuzen vollgemalt.

Ab und an kommt es an diesem Abend, wohl durch den sechsten Wodka Bull, zum Streit zwischen zwei Personen. Oft geht es dabei um den potentiellen Sexualpartner oder darum, dass man eventuell mal irgendwann irgendwas irgendwo gesagt hat, was irgendwie mit dem Anderen zu tun hat. Man beschließt die Beiden in verschiedenen Ecken der Bude zu verteilen und sich die Stimmung nicht verderben zu lassen. Sollte jemand senitmental werden, aufgrund des siebten Wodka Bull, so verdirbt man in der Regel den Abend desjenigen der ihn/sie am besten kennt, indem man ihn/sie zum Psychologen erklärt, der nicht mehr von der Seite der labilen Person weichen darf. Der Gastgeber hat sich in der Zwischenzeit ins Koma getrunken oder aufgehängt. Beides ist auf die Gäste zurück zu führen. Sollte es nun Mitternacht sein und sollten alle Personen noch leben bzw. ansprechbar sein, wünscht man sich mit einem großen "WOOOOOOUUUHOOUUUUU" ein frohes Neues. Die Jungs haben natürlich Raketen und ähnlichen Käse mitgebracht, die nun gegen die Außenwand der Wohnung von Typ 1 fliegen. Wenn man Glück hat, schießen die Volldeppen die Raketen vom Balkon nach draußen und nicht nach drinnen, geschweige denn von drinnen nach oben. Jedenfalls wird das Geballer nach einer Dreiviertelstunde von der Polizei beendet und man zieht sich erstmal zurück um den restlichen Alkohol zu vernichten. Gegen 00:30 sinkt die Stimmung in Depressionsnähe, da bereits alle Stimmung buchstäblich verschoßen wurde und man verlässt klammheimlich das Schlachtfeld ohne den Gastgeber aufzuwecken (falls nicht die vorher beschriebenen Taten eingetreten sind). Auf der Straße können sich nun die Streithähne und der Wochenenddepressive ausleben, während der Rest das Weite sucht.

So ungefähr laufen 67% dieser Feiern ab. Muss jedenfalls so sein. Öffentliche Feiern gibt es natürlich auch, aber das ist eigentlich das Selbe wie Typ 2, nur mit Leuten die sich nicht kennen. Dort fliegen die Raketen aber ebenfalls parallel zum Boden.

Nun wissen wir alles über Silvester außer ob man nun den Anfang des neuen Jahres feiert oder das Ende des Alten. Zweites ist zwar wahrscheinlicher, aber im Endeffekt wird etwas Anderes behauptet. Wer es weiß soll es aufschreiben.

Allen Lesern dieses Blogs wünsche ich hiermit ein Jahr 2012, welches besser wird als das Jahr 2011...man kann´s jedenfalls mal versuchen!

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